Lego, ergo sum

4851 Tweets später, fragt sie sich, wann sie das letzte Mal etwas gelesen hat, das mehr als 140 Zeichen lang ist. So geht das nicht, Frollein. Schließlich wollen wir ja nicht verblöden, jedenfalls noch nicht. Spricht’s und beschließt nicht ohne Eile, dass die Zeit des Lesens im casa Mellcolm wieder Einzug halten sollte.

1. Erkenntnis: Ein Buch ist ein Buch ist ein Buch

Erschreckenderweise befinden sich im Bücherregal so viele ungelesene (!) Exemplare besagter Gattung, dass der Ochs vorm Berg nicht ratloser aus der Wäsche gucken könnte als das Frollein bei der Auslese. Augen zu und Hand ausstrecken. Es gibt kein falsches Buch in diesem Regal.

2. Erkenntnis: Eine Seite macht noch kein Buch

Es ist freilich nicht so, dass sie in jüngster Zeit kein Buch in die Hand genommen hätte. Nein, so ist das freilich nicht. Es ist nur so, dass das Wiederweglegen ihr an den meisten Tagen leichter fiel als das Indiehandnehmen. Obwohl sich so ein Buch ja nett in die Hand schmiegt und einen durchaus auch kleidet. Ein Seitchen hier, ein Seitchen da… kaum war sie drin, war sie schon wieder draussen. Was fehlte war die Stetigkeit, wie so oft im Leben.

3. Erkenntnis: Bücher machen Leute

Eine Wohnung ohne Bücher ist wie ein Mensch ohne Seele. Es ist erstaunlich, wie schnell man merkt, wenn Menschen keine Bücher, keine Literatur lesen. Man erkennt es an ihrer Sprache, ihrem Duktus. Irgendwo zwischen RTL und BILD, zwischen Tagesschau und Süddeutsche haben sie ihre Sprache gefunden. Sie sind nicht weniger gebildet. Nur weniger flamboyant.

4. Erkenntnis: Bücher wollen erobert werden

Es gibt wenig, das sie so nachhaltig berührt & beeindruckt wie der gekonnte Umgang mit Sprache. Und wenig, das sie so kalt lässt wie Phrasen und Allgemeinplätze, die der Motor vieler Bestseller sind. Ein Buch, das ihr bereits auf der ersten Seite sein ganzes Wesen offenbart riskiert, dass sie seine zweite Seite bereits nicht mehr liest. Und selbst wenn sie es täte, so täte sie es aus Pflichtgefühl, nicht aber aus Leidenschaft oder gar Hingabe. Ihr sind die Bücher die liebsten, die sie für sich erobern muss, die sich sträuben, ihr gefällig zu Diensten zu sein. Die sich drehen und wenden, die ihr immer einen Schritt voraus sind, die sie überraschen… In Lesetheorie hat das Frollein eine glatte Eins.

5. Erkenntnis (frei nach Hirschhausen): Ein Buch, das man nicht gelesen hat, hat man nicht gelesen

Jetzt geht es gleich los. Das große Lesen. Nur noch schnell diesen Artikel zu Ende schreiben. Dann das Buch in die Hand nehmen (Was nehmen wir denn?) und dann vielleicht noch ein Glas Wein dazu kredezen. Man muss sich im Leben Dinge kredenzen, das ist man sich schuldig. Dann vielleicht eine Kerze anzünden. Auf die Chaise lounge. Nein, lieber doch auf den Stuhl. Bett wäre auch eine Alternative. Vielleicht noch schnell in bequemer Klamotten schlüpfen. Aber dann. Dann endlich. Dann wird zur Tat geschritten. Auf, auf, Kameraden….

Oh. Was ist das. Es ist 20:15 Uhr. Am Samstagabend. Das bedeutet DSDS.

6. Erkenntnis: Papier ist geduldig

5 Kommentare

  1. das stimmt, aber auch wenn man viele ungelesene Bücher hat, dann sind sie leider nichts wert (in dieser Wohnung), dann bringt es mehr, sie zum Makulaturpunkt zu schaffen. man ist nicht ausgebildet und kultiviert, wenn man viele Bücher hat, sondern wenn man (viele) Bücher liest.

  2. True. Glücklicherweise stehen die vielen Ungelesenen zwischen noch mehr Gelesenen. Ob mich das gebildet oder kultiviert hat, weiß ich nicht. Es hat mich zum Lächeln gebracht. Das reicht eigentlich.

    Mich würde der Gedanke stören, keine ungelesenen Bücher im Regal zu haben. Nennen Sie es Spleen, aber es beruhigt mich, jederzeit wählen zu können…

  3. Ich glaube schon, dass es ein Buch war @juf. Die Biester sind unberechenbar und lassen sich längst nicht von jedem lesen. Falls Sie dennoch zweifeln, fragen Sie sich folgendes:
    1. In welche Himmelsrichtung lief das Ding?
    2. Hatten Sie an besagtem Tag Kaffee oder Tee zum Frühstück?
    3. Wann war noch mal Ostern?
    Wenn Sie sich diese Fragen beantworten, werden Sie des Rätsels Lösung finden. Oder einfach das Rätsel vergessen.

  4. solange du Bücher nicht als Freunde begreifst, hilft dir auch ein Vorsatz nicht. Bücher sind nicht, um es mit den Worten von O.Wilde zu sagen „decorative sex“.

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