Mellcolms Sommerfrische, Teil I: Die Anreise ins Vergessen

Plosewasser

27. Mai 2011: München – Brixen – Plose

Wenn man mit dem Zug verreisen will, dann ist es über die Maßen geschickt, die für den Kauf der Tickets benutzte BahnCard mitzunehmen. Will man außerdem auf dieser Reise mehrere Tage oberhalb von 2000 m wandernd verbringen, dann kann es zudem nützlich sein, einen Pullover, eine Jacke oder irgendwas anderes mit langen Ärmeln im Gepäck zu haben. Gedenkt man schließlich, in einer einfachen Berghütte* zu nächtigen, kann ein Handtuch das Wandergepäck durchaus sinnvoll ergänzen.

Hat man das alles wider besseren Wissens nicht beachtet, ist man selbst schuld.

Plosewasser

Beladen mit dieser Schuld (statt mit nützlicherem Reisegepäck) fuhren der vergessliche Wandersmann und das nicht minder vergessliche Wandersfräulein also an einem dieser Tage ins schöne Südtirol, genauer – in die Region Plose. Nach der Ankunft im verschlafenen Örtchen Brixen führte uns die Reise mit einem Schlenker über einen nahegelegenen Haushaltswarenladen (der leider nur das Handtuchproblem zu lösen vermochte) per Bus so weit wie es der Busfahrer ermöglichen wollte in die Berge. (Halb) oben angekommen, kehrten wir in einem heimeligen kneipenähnlichen Dingsbums ein, um dort bei reichlich Milchkaffee und Mineralwasser die Ankunft des helvetischen Familienfortsatzes freudig zu erwarten.

Milchkaffeesession

Nach einigen Diskussionen mit dem GPS – ihm war zwischenzeitlich entfallen, warum es überhaupt mitgedurft hatte – kamen die heiß ersehnte westhelvetische Wandercombo dann auch gegen Mittag beim kneipenähnlichen Dingsbums an. Kurz vor dem Regen, der offensichtlich vergessen hatte, dass er an diesen Tag alles andere als angesagt war. Da es unmöglich schien, die nunmehr sechs Wandersleut‘ samt Rucksäcken und Wanderstiefeln – auch ohne BahnCard und Jacke – in einem Auto zu verstauen, fassten wir den ausgeklügelten Plan, den freundlichen Limousinenchauffeur zunächst mit der einen Hälfte der Wandertruppe bis ans Ende der befahrbaren Strecke zu schicken, um dann im Anschluss die zweite Hälfte der Wandertruppe demselben Schicksal zuzuführen.

Dumm nur, dass die Ortskundigen unter uns neben relevanten Reiseutensilien auch den Weg zum Ziel kurzfristig vergessen hatten, so dass die erste Fuhre für die „knapp 2 km“ bis zum Parkplatz rund 28 km brauchte. Glücklicherweise stellte sich der Vorhut irgendwann ein mutiger Berg in den Weg, der sie schließlich zur Rückkehr zur inzwischen wieder deutlich ortskundigeren Nachhut veranlasste. Die Vorhut wagte einen zweiten Versuch – diesmal in die andere Richtung und mich deutlich größerem Erfolg. Nur wenig später hatte der eifrige Limousinenchauffeur auch die Nachhut wieder eingesammelt und in der eigens für uns aufgestellten öffentlichen Umkleidekabine abgeliefert, die – so schien es – in den Wintermonaten wohl als Bushaltestelle zweckentfremdet wurde.

Der Regen hatte sich unterdessen an sein unerwartetes Hereinbrechen gewöhnt und begonnen, an der Sache Gefallen zu finden. Da wir die restlichen 2,3 km zum letztlichen Ziel unserer Reise zu Fuß absolvieren mussten, hüllten wir uns – bar jeder Ästhetik – in alles, was uns vor Regen und Kälte schützen konnte und karawanierten durch den Wald aufwärts um den Berg herum.


*Einfache Berghütte ist geschummelt, denn unter den Berghütten ist die von uns bewohnte ein Palast. Was nichts daran ändert, dass es dort keine Handtücher gibt.

Es wird noch mehr passieren…

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