So gut es uns in Kleinröhrsdorf auch gefallen hatte, es gab Dinge, die uns davon abhielten, noch ein paar Tage dort zu verweilen. Dinge, die etwas mit einem bereits gebuchten, bezahlten und nicht umbuchbaren Fährticket zu tun hatten. Hinzu kam natürlich auch, dass wir nach einem so traumhaften Einstieg nun neugierig waren, wie es uns wohl auf dem weiteren Weg ergehen würde.
Das jähe Erwachen sollte bereits auf der nächsten Station unserer Reise folgen, im 447 km entfernten Graal-Müritz an der Ostsee, unweit von Rostock. Waren wir nur wenige Stunden zuvor noch auf rosa Wolken durch den Campingplatzhimmel spaziert, trafen wir nun gegen halb acht auf dem Vorhof zur Hölle ein. Der Campingplatz Ostseecamp Rostocker Heide ist zwar wirklich sehr schön und idyllisch unmittelbar an der Ostsee gelegen, aber auch wenn man ein Atomkraftwerk in einen von Elfen bewohnten Zauberwald baut, bleibt es ein Atomkraftwerk. Der Platz war zu voll, die sanitären Einrichtungen verdreckt und das Publikum bestand zum Großteil aus Partyvolk. Kurz: Wir waren nicht unglücklich, dass wir wegen unserer frühen Abreise am nächsten Tag die Nacht auf dem Parkplatz vor dem Höllentor verbringen durften. Den Abstecher zum wirklich schönen Strand haben wir uns natürlich dennoch nicht nehmen lassen.
Pünktlich um 4:15 Uhr befreite uns der Wecker aus der misslichen Wohnsituation. Wir packten eilig alles zusammen, stopften die gleichsam irritierten und missmutigen Kinder in ihre respektiven Kindersitze und düsten zum Rostocker Fährhafen, den wir kurz vor knapp erreichten. Brav stellten wir uns in die lange Schlange der wartenden Fahrzeuge. Hätte der Mann sich nicht auf die Suche nach dem Check-In begeben, hätten wir vermutlich auch erst nach Abfahrt der Fähre erfahren, dass diese Schlange gar nicht aus wartenden, sondern aus parkenden Fahrzeugen bestand, die vielleicht auch auf etwas warteten, nicht aber auf die Fähre nach Gedser, die wir für sechs Uhr gebucht hatten. In letzter Minute erreichten wir die Fähre, der Platzanweiser schüttelte schon den Kopf, wie man ihn haltso schüttelt, wenn man sich über die Dummheit anderer Leute ärgert. Ihr kennt das!
Die Fährfahrt war ruhig und entspannt, wenn man mal von den üblichen Unentspannungen absieht, die bei einer Reise mit kleinen Kindern immer inklusive sind: Eine volle Windel, Hunger, nein doch nicht, zu kalt, zu langweilig, der andere Hunger, nein müde, auf den Arm, runter vom Arm, in die Spielecke…Schwups waren die zwei Stunden um und wir in Gedser auf dänischem Boden. Hej Danmark!
In Dänemark wollten wir uns auf der Hinfahrt gar nicht lange aufhalten. Ein kurzes Stöppchen zum tanken, Flasche und Kaffee trinken und entdecken, dass Katjes in Dänemark vegetarische Salzheringe vertickt, auf die ich in Deutschland schon ewig warte – mehr nicht.
Nach dem traumatischen Camping-Platz-Erlebnis in Rostock sind wir hinsichtlich unserer Platzwahl für Malmö – unserem nächsten Ziel – vollkommen verunsichert. Beide Plätze haben auf Google dieselbe Bewertung und Google sagt ja bekanntlich immer die Wahrheit. Statt die schöne dänische Landschaft zu genießen verbringe ich daher die Fahrt damit, Alternativen zu eruieren. Da wir aber den Platz schon bezahlt haben und ich keine wirklich tolle Alternative in Stadtnähe finde, entschließen wir uns, den Platz wenigstens mal anzusehen (und reiß aus zu nehmen, sollte es Not tun). Vorher aber fahren wir erst noch atemberaubt über die Öresundbrücke und das nicht nur wegen der tollen Architektur, sondern auch wegen des horrenden Preises. Kurz glauben wir, die Brücke oder doch mindestens den ein oder anderen Pfeiler gleich käuflich erworben zu haben.
Von dem Schock erholt machen wir uns auf in Richtung Campingplatz und sind diesmal durchaus positiv überrascht. Mit dem Rostocker Platz hat der First Camp Malmö Sibbarp außer der Google-Bewertungen gar nichts gemein und wir verstehen nicht wirklich, wie dieses schlechte Urteil zustande kommt. Der Platz ist großzügig angelegt, die einzelnen Plätze sehr groß. Die sanitären Einrichtungen sind recht neu und ordentlich gepflegt -,dass man in einer Campingplatztoilette im Normalfall nicht vom Boden essen kann, liegt auf der Hand. Es gibt einen tollen Spielplatz, das Personal ist super und die Lage phantastisch für den Stadtbesuch. Wir sind wirklich froh, dass wir von unserem Plan B abgekommen sind und waschen zur Feier des Tages erstmal die vier Tonnen Wäsche, die sich nach nur vier Tagen schon angesammelt haben.
Den Tag beschließen wir mit einem zur Schnullerkettenbeschaffung (diese sollte man NIEMALS, wirklich NIEMALS vergessen einzupacken) gedachten Spaziergang am Oeresund entlang. Zwar bringt uns dieser keine Schnullerkette (Schwedisch: napp band), aber dafür beschert er uns einen wunderbaren Abend.